RaumGestalten 2005/2006
PublikationWenn es darum geht die Qualität der gestalteten Umwelt zu verbessern, wird mit großer Regelmäßigkeit die Vermittlung entsprechender Fähigkeiten an junge Menschen als die wichtigste Aufgabe betont. Verbunden mit der Hoffnung, dass eine entsprechende Schulung die Menschen sehfähig, sprachfähig und damit entscheidungsfähig macht und zu einer mündigen Teilhabe an der Gesellschaft befähigt. Dass dies nicht nur eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe ist, sondern auch einen handfesten ökonomischen Background hat, verdeutlicht die Tatsache, dass das meiste ‚Lebensgeld’ (also die im Laufe eines Lebens erwirtschaftete Geldmenge) für Wohnen und Bauen ausgegeben wird. Ziel der Architekturvermittlung muss es sein, die Menschen auf ihre Verantwortung gegenüber der gestalteten Umwelt vorzubreiten und aufzuzeigen, dass Raum Wirkung hat. Denn jede/r wohnt, bewegt sich in gestalteten Räumen und daher ist ein souveräner und bewusster Umgang mit dieser Umwelt ein wesentlicher Teil der Allgemeinbildung. Denn obwohl Architektur von allen Kunstformen den unmittelbarsten und unausweichlichsten Einfluss auf das tägliche Leben hat, gibt es nur wenige Menschen, die ihre Umwelt bewusst wahrnehmen. Und ebenso wenigen ist bewusst, dass die Gestaltung des Lebensraumes wesentlich zum Wohlbefinden des/der Einzelnen beiträgt, dass Raum eben Wirkung hat und darüber hinaus ein zentraler Bestandteil der jeweiligen kulturellen Identität ist. Daher will das Erkennen von Architektur gelernt sein! Architekturvermittlung in der Schule soll nicht die kritiklose Übernahme von normierten ästhetischen Konzepten sein, sondern die Fähigkeit, Architektur in ihrer Vielfalt wahrnehmen zu können. Daher steht auch kein Unterricht in Architektur, nicht das Ausbilden von ‚kleinen ArchitektInnen’ im Vordergrund, sondern primär das Wecken von Raumverständnis und das Aufzeigen der Gestaltbarkeit (und damit Beeinflussbarkeit) von gebauter Umwelt. Das Verständnis für Architektur und Baukultur wird damit auf breiter Basis gestärkt und die Alltagsqualität von Architektur einem weiten Kreis erlebbar. Ziel sind BürgerInnen, die mehr von Häusern und Plätzen fordern als die reine Zweckerfüllung und damit wiederum auch die Architekturschaffenden zu besseren Projekten anspornen. Die Projektreihe RaumGestalten, 1998 als Kooperation von KulturKontakt Austria und der Architekturstiftung Österreich entstanden, und in der Zwischenzeit auch von der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland, dem Ziviltechnikerforum der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten sowie dem Österreichischen Institut für Schul- und Sportstättenbau unterstützt , ermöglicht/e die Erarbeitung von Semesterprojekten in enger Kooperation von SchülerInnen, ArchitektInnen und LehrerInnen zu unterschiedlichen Aspekten von Architektur und Umweltgestaltung. Die Auswahl der Projekte erfolgt in Form eines Wettbewerbs, bei dem Projektkonzepte – für alle Schulstufen und Schultypen – eingereicht werden. Die inhaltliche und methodische Zugangsweise ist breit gestreut: Sinnliche Wahrnehmung, das Erkennen von Raumwirkungen am eigenen Körper und lustvolles Experimentieren stehen dabei gleichberechtigt neben dem Erwerb von Kenntnissen und dem Kennen lernen unterschiedlicher Architekturen. Ein Fachjury wählt jene Projekte aus, deren Umsetzung finanziell und methodisch (mit gemeinsamen Start- und Abschlussworkshops) unterstützt wird. Die entsprechenden Ergebnisse sind jeweils in Broschüren dokumentiert, die kostenlos bei den Projektpartnern erhältlich sind. Die Erfahrungen und Ergebnisse aus dieser Projektreihe, die insbesondere Projekte mit innovativem Ansatz fördert, sind sehr erfreulich, sie fließen in kleinere Interventionen ein und befördern damit eine sowohl methodische als auch inhaltliche Weiterentwicklung der Architekturvermittlung für junge Menschen. Langfristiges Ziel muss es sind, dass jede/r zumindest einmal in der Ausbildung mit Aspekten von Architektur und Umweltgestaltung in Berührung kommt. Anzustreben ist eine mehrmalige – jeweils altersadäquate – Auseinandersetzung. RaumGestalten ist dazu ein Beitrag.
Barbara Feller zu den Projekten
PROJEKTE
DER PIPPI LANGSTRUMPF FAKTOR / VS Zell am Ziller, 6280 Zell am Ziller / interdisziplinäres Team aus ArchitektInnen, KünstlerInnen, MusikerInnen, einer Kunsttheoretikerin, einer Diplompädagogin: Markus Blösl, Katharina Gürtler, Andreas Hörl, Oliver Miller, Simon Oberhammer, Sybille Brunner
GENDER-ARCHITEKTUR / HS Steinbauergasse, 1120 Wien: Gertraud Steiner, Petra Kitzler, Ludwig Kittler / Expertin: Jutta Wörtl-Gössler
EINFÄLLE AUS ABFÄLLEN / Polytechnische Schule Grein, Groißgraben 2, 4360 Grein: Heinz Eidenberger, Silvia Höbarth, Alfred Klampfer, Willibald Hinterecker, Maria Ebenhofer, Manfred Schubauer, Karl Diwold, Gabi Lettner, Andreas Kastenhofer / Experte: Thomas Stöckl
RAUMGITTER / Bundesbildunganstalt für Kindergartenpädagogik 45C, 1100 Wien: Erich Mayerhofer, Elisabeth Porstner, Ingrid Sahanek-Wurzer / Expertinnen: Orsolya Stadler-Vida, Renate Stuefer
PLATTFORM FÜR DEN BODENSEE / Landesberufsschule Bregenz 2, Feldweg 25, 6900 Bregenz: Andreas Simperl, Alexander Schneider / Idee: Martin Simma, Juri Troy / Experte: Juri Troy
RAUMERFINDERINNEN / SPZ 17, Hernalser Hauptstraße 220/222, 1170 Wien: Gertrude Faustmann, Vlado Jaic, Anna Arlamovsky / ExpertInnen: Hristina Hristova, Kurt Ecker
DIE PERFEKTE WELLE - GESTALTEN KOMMUNIKATIONSSITUATIONEN / Ausbildungszentrum des Landes Steiermark für behinderte Jugendliche, Lehrwerkstätten Graz-Andritz: Renate Schmidt, Johannes Hartleb / Expertin: Margit Schwarz
MOBILE STUDY UNIT - WO UND WIE IST MEIN ORT DER RUHE IN DER SCHULE / Sir-Karl-Popperschule, Wiedner Gürtel 68, 1040 Wien: Britta Pilger / Experte: Peter Auer
SIT DOWN PLEASE! EINE UNMITTELBARE ERFAHRUNG VON RAUM UND WIRKUNG / ORG Hegelgasse 14, 1010 Wien; BORG Hegelgasse 12, 1010 Wien: Ulrike Kohnen-Zülzer, Kerstin Lasser / Expertin: Anne Wübben
ARCHITEKTUR UND STRUKTUR: WASSER, ERDE, FELS / Pluskurs des Landeschulrates für Salzburg & Vereins zur Förderung hochbegabter Schüler in Salzburg; diverse Schulen: Wolfgang Richter / Experte: Christian Schmirl