RaumGestalten 2006/2007
PublikationViele Menschen geben den größten Teil ihres ‚Lebensgeldes’ für Bauen und Wohnen aus: fürs Häuselbauen, für Eigentumswohnungen, Schrebergärten und Wochenendhäuser, für Miete und Betriebskosten; fürs Heizen, Kühlen, Kochen, Licht und Wasser. Zudem befinden wir uns 90 Prozent unserer Lebenszeit in Gebäuden und fast das ganze Leben verbringen wir in gestalteter Umwelt. Und doch lernen wir zumeist nichts, um in diesem Bereich als mündige Bürgerinnen und Bürger agieren zu können. Hier setzt die Projektreihe RaumGestalten an und versucht einen Beitrag zur Mündigkeit zu leisten. Verbunden mit der Hoffnung, dass eine entsprechende Schulung die Menschen sehfähig, sprachfähig und damit entscheidungsfähig macht und zu einer verantwortungsvollen Teilhabe an der Gesellschaft befähigt. Architekturvermittlung, als Vermittlung von Kenntnissen über den gebauten und gestalteten Lebensraum, soll den Menschen ihre Verantwortung dafür deutlich machen und aufzeigen, dass Raum Wirkung hat. Denn jede/r wohnt, bewegt sich in gestalteten Räumen und daher ist ein souveräner und bewusster Umgang mit dieser Umwelt ein wesentlicher Teil der Allgemeinbildung. Denn obwohl Architektur von allen Kunstformen den unmittelbarsten und unausweichlichsten Einfluss auf das tägliche Leben hat, gibt es nur wenige Menschen, die ihren Lebensraum bewusst wahrnehmen. Und ebenso wenigen ist bewusst, dass dessen Gestaltung wesentlich zum Wohlbefinden des/der Einzelnen beiträgt und darüber hinaus ein zentraler Bestandteil der jeweiligen kulturellen Identität ist. Denn das Erkennen von Architektur will gelernt sein! Ziel dieses Lernens ist keine normierte Ästhetik, sondern Mündigkeit zur Vielfalt. Architekturvermittlung soll daher auch kein Unterricht in Architektur sein, nicht das Ausbilden von ‚kleinen ArchitektInnen’, sondern primär das Wecken von Raumverständnis und das Aufzeigen der Gestaltbarkeit (und damit Beeinflussbarkeit) von gebauter Umwelt. Die inhaltlichen und methodischen Zugangsweisen sind dabei vielfältig und reichen von der sinnlichen Wahrnehmung, dem Erkennen von Raumwirkungen am eigenen Körper und dem lustvollen Experimentieren bis zu mehr wissensbasierten Modellen mit dem Erwerb von Kenntnissen und dem Kennen lernen unterschiedlicher Architekturen. Alle Zugänge helfen das Verständnis für Architektur und Baukultur auf breiter Basis zu stärken und die Alltagsqualität von Architektur einem weiten Kreis bewusst zu machen. Dies nicht nur als Teil der musischen Erziehung, sondern im Sinne einer umfassenden Staatsbürgerkunde, um die AkteurInnen (öffentliche Planung, ArchitektInnen, NutzerInnen) zu einer besseren Kommunikation zu befähigen. Ziel sind BürgerInnen, die mehr von Häusern und Plätzen fordern als die reine Zweckerfüllung und damit wiederum auch die Architekturschaffenden zu besseren Projekten anspornen. Die Projektreihe RaumGestalten, eine Kooperation von KulturKontakt Austria, der Architekturstiftung Österreich, der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten und dem Institut für Schul- und Sportstättenbau, ermöglicht seit 1998 die Durchführung von Semesterprojekten zu den unterschiedlichsten Aspekten von Architektur. Wesentlich ist eine enge Kooperation von SchülerInnen, LehrerInnen und externen ExpertInnen. Ein Fachjury wählt jene Projekte aus, deren Umsetzung finanziell und methodisch (mit gemeinsamen Start- und Abschlussworkshops) unterstützt wird. Die entsprechenden Ergebnisse sind jeweils in Broschüren dokumentiert, die kostenlos bei den Projektpartnern erhältlich sind. Die TeilnehmerInnen an RaumGestalten helfen damit das Verständnis für die gestaltete Umwelt auf breiter Basis zu stärken und Lust auf Architektur zu machen.
Barbara Feller zu den Projekten
PROJEKTE
DIE KLEINE STADT IN DER GROSSEN STADT / VS Augasse 6, 6900 Bregenz: Katharina Wiener / EXpertinnen: Heike Schlauch, Katja Gögl
EXQUISITE CORPSE ODER DAS AUSTAUSCHSPIEL / VS im Park, Währingerstr. 43, 1090 Wien: Renate Monghy, Daniele Kästner, Peter Sykora / Experte: Ambros Spiluttini
WENN KINDER FREI-RÄUME SCHAFFEN / Kinder und Jugendliche des Stuwerviertels / ExpertInnen: Betül Bretschneider, Mehmet Emir, Sozialarbeiter und Künstler
DIE STADTPICKNICKER / HS Müllerstr. 38, 6020 Innsbruck: Heinz Schöpf, Florian Pletzenauer / ExpertInnen: Markus Blösl, Katharina Gürtler, Andrea Hörl, Oliver Miller, Andreas Moling
TEEN-CITY IN MARGARETEN - JUGEND FINDET STADT / Kooperative MS Viktor Christ-Gasse 24, 1050 Wien: Elke Prenner, Peter Gross, Ursula Wareka, Karin Rummerstorfer, Davis Gruber, Sylvia Lindemann, Ute Kumpfhuber; Kooperative MS Gassergasse 44, 1050 Wien: Fr. Petrik, Marion Hejna / Expertinnen: Jutta Woertl-Goessler, Ulrike Machold
MENSCH MEIER, NIMM MASS! / Polytechnische Schule Grein, Groißgraben 2, 4360 Grein: Dittmar Handel, Silvia Höbarth, Maria Ebenhofer, Berta Leonhartsberger, Heinz Eidenberger / ExpertInnen: Thomas Stöckl, Gerti Heimel
LICHTRÄUME / Bundes-Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik (BAKIP) Klagenfurt, Hubertusstr. 1, 9020 Klagenfurt: Vera Radinger-Sapelza, Kerstin Grolp / Expertin: Christine Aldrian-Schneebacher
LOKAL 23 / ORG Hegelgasse 14, 1010 Wien: Ulrike Kohnen-Zülzer / Expertin: Anne Wübben
DRUEBER UND DRUNTER / BRG Viktring, Stift-Viktring-Str. 25, 9073 Klagenfurt-Viktring: Kerstin Fischer / Expertin: Sonja Hohengasser
ARCHIPAPP / Kinder die im Rahmen des Viertelfestivals NÖ - Industrieviertel 2007 zur Pilotveranstaltung kamen / ExpertInnen: Martin Ertl, Franz Henzl, Monika Rycerz, Axel Ott, Heidrun Schlögl, Dominik Scheuch, Stefan Bukovac