mega - manifeste der Anmaßung
forum für experimentelle architekturWiener Architektur-Triennale im Künstlerhaus
AusstellungZum Thema
Das Bestimmungswort Mega bedeutet "groß", "lang", "mächtig". In der Architektur kommt es als Präfix in einigen praktisch und vor allem theoretisch bedeutenden Fällen vor. Der Begriff Mega-Architektur soll kritisch, aber nicht unbedingt abwertend ausgelegt werden. Geprüft wird, ob und wie das Denken in Mega-Kategorien für die Lösung von aktuellen architektonischen und urbanistischen Problemen geeignet ist, das heißt, ob Mega-Ideen operativ sind. Der Begriff Mega soll die Teilnehmer dazu veranlassen, die in der Zeit der Postmoderne abhanden gekommene Kultur des utopischen Denkens wieder aufzunehmen und für Zwecke der praktischen architektonischen Vernunft einzusetzen.
Das eigentliche, tiefere Thema der Ausstellung ist das Wort bzw. das Phänomen Anmaßung - als Ausdruck einer prinzipiellen Haltung: seine philosophischen Implikationen für die Ästhetik und Ethik der Architektur, seine normative Kraft für die Entfaltung der Entwurfsphantasie und bei deren praktischer Umsetzung. Anmaßung ist jene intuitive und kulturelle Haltung, welche die unabdingbare Voraussetzung jeglichen Bauens ist. Bauen ist Widerstand gegen die Natur und die Gesetze der Natur, ist also widernatürlich. Architektur ist in diesem Sinne ein listiger Versuch, mittels Ästhetik die Natur mit dem Bauen zu versöhnen. Anmaßung ist das Gegenteil von Anpassung. Der Begriff Anmaßung ist als Aufforderung zur Wagnis zu verstehen. Der normative Begriff soll nicht in seinem üblichen pejorativen Sprachgebrauch verstanden werden, sondern als eine unabdingbare, aber durchaus ambivalente Notwendigkeit, Bauwerke zu denken bzw. zu errichten, die gegen die reglementierte Vorstellungskraft verstoßen. Mit Anmaßung werden archetypische Haltungen der Kulturgeschichte wie etwa der Diebstahl des Feuers durch Prometheus oder der Turmbau zu Babel wirksam. Die Wortwurzel „Maß“ soll die Teilnehmer dazu veranlassen, sich mit der Grundfrage der Architektur zu beschäftigen, ob der Mensch das Maß aller Dinge sei bzw. welche Art von Maß er ist, sowie was Masse, Maßstäbe, Dimensionen und Relationen in der Gegenwartsarchitektur bedeuten. Die Wendung "Manifeste der Anmaßung" enthält die Aufforderung, Großzügigkeit und Großartigkeit in der Architektur zu wollen. Auf das Maß GROSS bzw. MEGA kann der Architekturdiskurs genauso wenig verzichten wie auf den Impetus Utopie.
Forum für experimentelle Architektur
Das Forum für experimentelle Architektur bietet Architekten eine Gelegenheit, abseits der Büroroutine ihre Auffassungen von Architektur (Raum, Form, Zukunft etc.) anhand eines eigens für die Ausstellung entworfenen und hergestellten Beitrages (genannt Manifest) zu demonstrieren. Mit der Ausstellung wird den - vorwiegend jungen, noch nicht etablierten - Architekten ermöglicht, ihre Ideen und Gedanken in eine abstrakte, aber konkrete Form umzusetzen und zu testen. Die Öffentlichkeit wird auf diese Weise darüber informiert, welche Ideen und Vorstellungen die Architekten gegenwärtig bewegen. Die Diskussion zwischen der Gesellschaft und ihren Architekten beginnt somit noch im Prozess der Ideenfindung und nicht erst anhand fertiggestellter Bauten. Das Forum für experimentelle Architektur soll zum Laboratorium der in den Vorstellungen von Architekten und Künstlern bereits latent vorhandenen Zukunft werden und daher einen experimentier- und risikofreudigen Charakter haben. Die Ausstellung mega: manifeste der anmaßung ist keine Leistungsschau, sondern eine Leistungsvorschau, eine Vorinformation. Sie ist die Fortsetzung der erfolgreichen Ausstellung "den fuß in der tür: manifeste des wohnens", die 2000 im Künstlerhaus stattgefunden hat. Außerdem soll sie die Initialausstellung für eine regelmäßig stattfindende Triennale experimenteller Architektur in Wien werden.
Konzept und Struktur der Ausstellung
Anstatt die konventionelle Form einer Architektur- bzw. Kunst-Ausstellung oder eines Symposiums anzunehmen, bewegt sich das Forum megamäßig an der Schnittstelle dieser Veranstaltungen und erprobt so einen neuen Ausstellungstypus.
mega: manifeste der anmaßung ist nicht statisch und voraussagbar, sondern beweglich und veränderbar. Gegen Ende der Ausstellung wird alles wesentlich anders aussehen als zu Beginn. Additives Wachstum ist ein Charakteristikum von Megastrukturen und auch mega: manifeste der anmaßung folgt diesem Prinzip der schrittweisen Vervollständigung. Es wird eine Ausstellungsarchitektur geben, die sowohl dem Anspruch der permanenten Veränderung als auch der Offenheit für das Unvorhersehbare und der Benutzbarkeit für die Besucher gerecht wird. Die Ausstellung ist in mehrere voneinander unabhängige, aber miteinander verknüpfte Teile gegliedert. Ihre wichtigste Qualität soll der Workshop-Charakter werden. Damit ist nicht nur die aktive Beteiligung der teilnehmenden Architekten und Künstler gemeint, sondern auch die Einbeziehung der Öffentlichkeit. Es handelt sich um eine "benutzbare" Ausstellung. Unter anderem ist geplant, einige Ausstellungssäle als Arbeitsräume für studentische Seminare einzurichten.
Das Forum für experimentelle Architektur besteht aus 6 Teilen:
Laboratorien. Rund 40 in- und ausländische Architekten(gruppen), darunter einige bildende Künstler, werden eingeladen, ihre Gedanken und Ideen zum Thema „mega“ in architekturadäquater Form zu präsentieren. Besonders wichtig ist die Teilnahme von Architekten aus jenen Nachbarländern Österreichs, die demnächst der Europäischen Union beitreten werden. Jedem Teilnehmer (jeder teilnehmenden Gruppe) wird im Künstlerhaus eine Ausstellungszone, ein Flächenanteil, zur Verfügung gestellt. Diese Ausstellungsraum-Sequenzen werden hintereinander nach einem Zeitplan mit den jeweiligen Manifesten besetzt, eröffnet und diskutiert. Die Plätze und Termine der Eröffnung werden verlost. Erst nach dieser Abfolge von Eröffnungen, die zugleich Diskurse bzw. Werkgespräche über das Thema „mega“ und den konkreten Beitrag sind, wird die Ausstellung vollständig. Überspitzt gesagt: Die Ausstellung wird vollendet am Tag der Schließung. Um die Besucher schon vor der Fertigstellung und Vorstellung jedes neuen Manifestes über dieses zu informieren, werden die Konzepte, die von den Teilnehmern zur Ausstellungseröffnung fertiggestellt werden, in einem eigenen Raum vom ersten Tag ab ausgestellt.
Jedes der Manifeste wird im Laufe der Ausstellung einzeln eröffnet und von den Urhebern mit einem der geladenen Fachleute – Gegenspieler, also Kontrahenten genannt - aus verschiedenen Bereichen (Literatur, Physik, Philosophie, Kunst, Psychologie, Religionen, Ökonomie, Medizin, Astronomie etc.) hart aber wohlwollend diskutiert. Die Ausstellung kann deshalb auch als ein Megasymposium bezeichnet werden, das intensiv über mehrere Wochen lang abgehalten wird.
Archive. Eine umfassende, enzyklopädische Materialsammlung zum Thema MEGA, zugänglich in einer Art Lesecafé, soll sowohl als Grundlage und Ort (Werkstätte) für studentische Seminararbeiten an den Universitäten dienen, als auch ergänzende Information zu den Laboratorien bereitstellen. Eingeladen werden Studenten der Architektur, Kunst, Theologie, Psychologie, Kunstgeschichte, sodaß zu hoffen ist, daß in den Archiven eine babylonische Fachsprachenverwirrung herrschen wird. Konkret vereinbart wurde bereits die Zusammenarbeit mit drei Instituten an den Technischen Universitäten in Wien und Graz.
Schöne Ausstellung. Ist eine Schau, die über die Entwicklung des Megadenkens und Megadimensionen in der Architektur informiert und einen historischen Bezugsrahmen abgibt. Sie ist als Ergänzung und Gegensatz zu den Manifesten gedacht.
Sie enthält:
+ Kunstwerke und Künstlerprojekte.
+ Architekturobjekte und --projekte: Ausgewählte Originale (ca. 40-60 Zeichnungen, Collagen, Drucke, Modelle, Photos, Plakate, Publikationen, Pausen) sollen besonders bedeutende Beispiele der Phantasie-Mega-Architektur enthalten und über Darstellungstechniken informieren.
+ Objets trouvées aus dem Alltag von mega.
Sehnsucht Babylon.
Dia-Essays. Diaprojektionen zeigen Aspekte des Megadenkens, wobei nicht nur architektur- und kunstgeschichtliche, sondern ebenso anthropologische, philosophische, religiöse, politische und psychologische Aspekte untersucht werden sollen.
Veranstaltungen.
+ Theorie: Außer den Manifest-Diskursen finden auch Doppelvorträge geladener Experten unter dem Titel "Syndrom Babylon Wien. Etc." zum Thema Megametropolen statt. + Theater/Musik: Zu einem Zeitpunkt, an dem alle Manifeste implementiert sind, soll die vollendete Ausstellung als Ort und Kulisse für eine oder mehrere Theateraufführungen, szenische Lesungen, Konzerte und Musikdarbietungen dienen. + Film: Zahlreiche Filme zu den Themen Mega, Babylon, Turm zu Babel, Türme und Wolkenkratzer, Gigantomanie etc. werden während der Ausstellung vorgeführt. + Dichterlesungen: Zeitgenössische Autoren lesen zu Themen der Ausstellung. + Feste: Alle Veranstaltungen, vor allem die Eröffnung und die Schließung der Ausstellung, sowie die Manifest-Diskurse werden als Feste abgehalten. + Versteigerung: Am letzten Tag findet eine Versteigerung von Manifesten, Einrichtungsteilen, Materialspenden der Sponsoren etc., die dafür frei gegeben werden, statt. Die Erlöse gehen an die Urheber bzw. sie werden für wohltätige Zwecke gespendet. Geheimprojekt „Babylonische Hure“
Teilnehmende Architekten und Künstler (bisherige Zusagen):
3LHD with cavarpayer * A-clan * Architekten Mühlbacher Marschalek * architektur.bn * as_architecture * assocreation * Ausflug * awg_AllesWirdGut * BAU|KULTUR * BEHF * BiPa: Bevk & Perovic Architects * Sabine Bitter/Helmut Weber * BKK-3 * Büro Rosinak et Le Flaneur somnolent * caramel * Cupková/Myers * D+ * dat is geen kunst * D.U.M. * Eiblmayr & Buchinger * enota * feld72 * Raviv Ganchrow & Eyal Weizman * gerner°gerner plus * m.gilbert * “heri&salli” * HŠH architekti * IVA * Jabornegg & Pálffy * koelbl bärnthaler * Kohlbauer & Kohlbauer * Kronaus_Sz.Vary * ksa. * kt * Kuba, Pilar architekti * LAB – Laboratorium architektury Bratislava * Mascha & Seethaler * ma.schin & Werner Skvara * noncon:form * nullmaschine * OFIS and Alan Hranitelj * Opperer & Unterberger * PEANUTZ * phase1 * Pichler & Traupmann * PPAG – Anna Popelka und Georg Poduschka * Raith & Gallister * Helmut Richter/Silja Tillner * Rosenberg & Vietzke * Almira Sadar & Marija Jenko * Peter Sandbichler * Lisa Schmidt-Colinet + Alex Schmoeger * SPLITTERWERK * STADTGUT * Supernett Architects * Superreal * Gerold Tagwerker * transparadiso * UrbanFish.Architects * Virtual DynamiX und Marion Kuzmany * Wagner_Graupner_Wagner * Karlheinz Wagner & David Moises * Zsolt Wanger etc. * Weichlbauer/Ortis * werkraum * Zünd-Up * zweiteiler
Kuratoren
Peter Bogner, Henny Liebhart-Ulm, Anna Soucek, Jan Tabor
Ausstellungsarchitektur
Jan Tabor, kt
Website
Willi Mahringer (Mokka Medienagentur)
Archive
Monika Gentner
megacliplayout
Sabine Bitter & Helmut Weber
megacliptechnik
Alice Durst, Martin Putz
megabuchredaktion
Henny Liebhart-Ulm, Anna Soucek
Koordination k/haus
Sönke Gau