Architekturwirklichkeiten III: Burgenland
Kumpf ist fast schon Konzept
Klaus-Jürgen Bauer, Hans Gangoly, Rupert Schatovich, Rudolf Szedenik, Ulrike Tschach-Sauerzopf, Franz Weninger im Gespräch mit Christian Kühn, November 2001.
Von Architekten wie Roland Rainer wegen seiner anonymen Bautradition geschätzt, hat das Burgenland in den letzten zwanzig Jahren mit der Entwicklung des Tourismus den Weg der schleichenden „Verkumpfung“ eingeschlagen. In der Thermen- und Hotelarchitektur sucht man vergeblich nach innovativen Projekten, technische Infrastrukturen tarnen sich als Einfamilienhäuser, der Wohnbau ist in der Hand weniger Genossenschaften, die an den Peripherien gleichgültig ihre Baumassen absetzen. In dieses Bild mischen sich freilich deutliche Anzeichen der Veränderung: Der private Sektor hat einer kleinen, aber im österreichischen Vergleich durchaus konkurrenzfähigen Architekturszene Auftrieb gegeben, die mit der EU-Erweiterung und der damit zu erwartenden wirtschaftlichen Belebung Breitenwirkung erlangen wird. Von allen Bundesländern kann das Burgenland mit seiner 210 km langen Ostgrenze von der Öffnung nach Osten am stärksten profitieren. Die Regionalplanung bemüht sich daher schon seit Jahren um eine grenzüberschreitende Entwicklung unter Bedachtnahme auf die differenzierten Landschaftsräume, durch die sich die Region besonders auszeichnet. Mit der Öffnung könnte auch die Dominanz der Städte Wien und Graz durch „natürliche“ Zentren wie Sopron einen Ausgleich erfahren. Um den vergleichsweise abrupten Übergang von einer agrarischen in eine postindustrielle Gesellschaft auch in seinen räumlichen Konsequenzen zu bewältigen, wird das Burgenland aber innovativere Konzepte brauchen, als sie derzeit vorhanden sind. Immerhin scheint die neue Landesregierung erkannt zu haben, dass sie dafür in der qualitätsorientierten Architektenschaft Verbündete suchen muss: Im Jahr 2002 sollen erstmals die innovativsten Projekte aus Architektur und Städtebau durch einen in Kooperation mit dem Architekturraum Burgenland ausgelobten Landesarchitekturpreis gewürdigt werden.
Christian Kühn