Soviet Bus Stops
Architekturstiftung empfiehlt
Was können Busstationen in den abgelegensten Regionen der ehemaligen Sowjetunion für eine Geschichte erzählen?
Eine sehr beeindruckende Antwort auf diese Frage liefert der Dokumentarfilmer Kristoffer Hegnsvad mit seinem Film Soviet Bus Stops. In diesem begleitet er den kanadischen Fotografen Christopher Herwig, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, außergewöhnliche Bushaltestellen zu dokumentieren. Architektur war in Zeiten des Sowjetregimes entweder funktionalen oder monumentalen Aufgaben unterworfen. Mit den von Herwig ausgewählten Beispielen öffnet sich jedoch ein weiteres Fenster: Die festgehaltenen Wartehäuser geben einen seltenen Einblick in individuelle Gestaltungsträume Einzelner, die sich hier – abseits repräsentativer Staatsarchitektur – frei entfalten konnten.
Als Zeitzeugen dieser Epoche sind die Busstationen dem Verfall ausgesetzt und verschwinden zusehends von der Bildfläche. Das Aufspüren und Dokumentieren der einzelnen Exemplare ist somit nicht nur eine Entdeckungsreise, sondern auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Der Film von Hegnsvad zeigt dies eindrucksvoll und zählte daher zu meinen persönlichen Favoriten des Crossing Europe Filmfestivals 2025.
Text von Gero Wöss: Kurator der Sektion „Architektur und Gesellschaft“, die das afo architekturforum oberösterreich seit 15 Jahren in Kooperation mit dem Crossing Europe Filmfestival programmiert.