Die evaluierte Einheitskultur
Forum warnt, 16.04.2012
Wir leben in einer geordneten Zeit. Staaten werden von Ratingagenturen bewertet, Betriebe werden evaluiert und zertifiziert, Gebäude sind bereits in der Planungsphase energetisch und nachhaltig klassifiziert.
Wir selbst sind es ebenfalls von klein auf gewöhnt, bewertet zu werden. Zeugnisse zu jedem Halbjahr und nach jeder Prüfung und zum Wunschstudium wird nur zugelassen, wen das Assessment Center zulässt. Wir leben in einer streng genormten Welt.
Nun wird im Zuge des allumfassenden Sparens, welches die Lösung all unserer Probleme zu sein scheint, auch die Kultur immer stärker zum Gegenstand der Evaluierungen. Gefördert wird, was dem Schema entspricht und bei der Masse ankommt.
Kultur, Kunst und Architektur rein nach vermeintlich objektiven Kriterien zu beurteilen wird zu Lasten der Vielfalt gehen. Volksmusik, Fertigteilhäuser und gefällige Landschaftsbilder werden dann unseren Alltag prägen. Wem’s gefällt...
Bei aller Wirtschaftlichkeit, Energieoptimierung und Nachhaltigkeit sollte Raum bleiben für absolut unevualierbare, spontane, fehlerbehaftete und bunte Menschlichkeit.
Text von Martin Brischnik für die Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs