Mit offenen Augen Baden gehen
FORUM empfiehlt, 7.12.2009
Die Straße heißt Vogelweidplatz: Ein Ort geprägt von Märzrevolution, Rotem Wien, Austrofaschismus und kommunaler Wohlfahrt der Nachkriegszeit, mit der Stadthalle als selbstbewusstem Zeichen. Und mit dem Stadthallenbad auf Nummer 14. Hier trainiert zur höheren Ehre der Nation unsere Schwimmerelite - noch! Eine Sanierung von Roland Rainers Bau wird seit Jahren aufgeschoben. Plötzlich besteht Zeitdruck: Unsere SpringerInnen und SchwimmerInnen müssen ihre Chancen für Olympia 2012 wahren. Schlechte Zeiten für eingehende Untersuchungen der denkmalwürdigen Substanz. In einem „beschleunigten Verhandlungsverfahren“ glaubt die Gemeinde auf eine Analyse oder gar einen Architekturwettbewerb verzichten zu können, obwohl die vorgebliche „Sanierung“ de facto einen Totalumbau bedeuten wird, Verlegung des Eingangs vom „falschen“ Platz an die „richtige“ Straße inklusive. Wer einmal nach dem Training die 50 Meter vom niedrigen Vordach des Haupteingangs bis zur Hütteldorferstraße zurückgegangen ist, wird anders denken, wird diese Distanz nicht vergessen, die zugleich eine Differenz ist, ein allmähliches Ankommen im Leben der Stadt. Ein Sportbad liegt anders zur Stadt – auch wenn es mitten in ihr liegt - als ein Erlebnis-, Fun- oder Phantasybad.
Andreas Vass für die ÖGFA - Österreichische Gesellschaft für Architektur